21. November 2005

Positionspapier Rechtsextremismus



(Beschlossen auf der LMV 2/2005 in Leipzig)

Die Grüne Jugend Sachsen ist bestürzt über die hohe WählerInnenzustimmung zur NPD bei den sächsischen Landtagswahlen.

Wir lehnen es ab, das Abschneiden der NPD vereinfachend als Protestwahl zu werten. Maßgeblich verantwortlich für den Erfolg der NPD ist die zunehmende Verbreitung und Verharmlosung rechtsextremen Gedankenguts. Die sächsischen Staatsregierungen der letzten Jahre haben es versäumt rechtzeitig gegen diese erkennbaren Tendenzen vorzugehen. Ein weiteres Ignorieren würde eine Verfestigung der bereits bestehenden rechtsextremistischen Strukturen fördern. Deswegen fordern wir die neue Staatsregierung auf, sich diesem Problem zu stellen. Zivilgesellschaftliche Projekte und alternative Freizeitangebote müssen unterstützt und geschaffen werden, da sich in der Vergangenheit gezeigt hat, dass diese Lücke sonst von Rechtsradikalen gefüllt wird, öffentlich finanzierte Jugendklubs ideologisch unterwandert und instrumentalisiert werden. In einem Bundesland, in dem 16% der Jugendlichen angeben sich politisch „rechts“ einzuordnen (1), ist dieses Versäumnis verantwortungslos.

In diesem Zusammenhang fordert die Grüne Jugend Sachsen, dass die Projektarbeit gegen Rechtsextremismus weiter und verstärkt gefördert wird, anstatt Fördergelder zu kürzen.

In der Diskussion über rechte und linke Spektren muss zwischen Extremismus und Radikalismus unterschieden werden. Extremismus möchte die freiheitlich-demokratische Grundordnung abschaffen, wohingegen Radikalismus im Rahmen der Verfassung radikale politische Ziele verfolgt.

Eine weitere Sozialisierung von Rechten muss verhindert werden. Zum Beispiel sollte bei Volks- und Schützenfesten immer gewährleistet werden, dass die Sicherheitskräfte nicht in ihrer Freizeit Neonazis sind. Andernfalls sollten den Vereinen kommunale Fördermittel entzogen werden. Um die Sensibilität der kommunalen VerantwortungsträgerInenn zu erhöhen sollte eine verpflichtende Weiterbildung angeboten werden.

Jugendclubs sind häufig Brut- und Sammelstätten für rechtsextremes Gedankengut. Die Grüne Jugend fordert deshalb eine Überprüfung verdächtiger Jugendclubs. In den betroffenen Einrichtungen sollte durch ausgebildete Sozialarbeiter Aufklärungsarbeit betrieben werden.

Wir fordern, dass Geschichte und Geographie weiterhin Pflichtfächer in sächsischen Mittelschulen bleiben. Gerade vor dem Hintergrund, dass überproportional viele Erstwähler für die NPD gestimmt haben, muss in der Schule der Wert der freiheitlich-demokratischen Grundordnung theoretisch und praktisch vermittelt werden. Der Geschichts- und Gemeinschaftskundeunterricht hat die Aufgabe, politische Bildungs- und Aufklärungsarbeit zu leisten. Gleichzeitig sollten LehrerInnen in ihrer Ausbildung über den Umgang mit rechtsextremen SchülerInnen geschult werden.

Da Musik ein bedeutendes Propagandamedium der Rechtsradikalen ist, fordern wir, dass im Musikunterricht kritisch darauf eingegangen wird. Ein bloßes Verbot von Bands oder CDs hilft nicht, es könnte sich im schlimmsten Fall eher fördernd auswirken. Alle LehrerInnen sollten in Form von Workshops und Weiterbildungsprogrammen im Umgang mit Rechtsextremisten geschult werden

Durch einen Ausbau und Intensivierung von Schulpartnerschaften und Austauschprogrammen auch mit dem osteuropäischen Ausland könnte ein Beitrag zum Abbau von Vorurteilen geleistet werden.

Zum Umgang im Landtag:

Wir fordern die demokratischen Fraktionen im Landtag auf, nicht die Augen vor der rechtsextremen Realität zu verschließen, sondern sich offensiv mit der NPD und ihren populistischen Forderungen öffentlichkeitswirksam auseinander zu setzten. Außerdem muss auf allen gesellschaftlichen Ebenen und in allen Lebensbereichen eine offene und diskursive Auseinandersetzung mit rechtsextremen Inhalten und Gruppierungen stattfinden.

Die Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus muss auch intern erfolgen. Die misslungene Wiederwahl des Ministerpräsidenten Milbrandt hat gezeigt, dass es in den demokratischen Parteien an Abgrenzung zur NPD mangelt. Wir fordern alle demokratischen Parteien auf, sich eindeutig in Wort und Tat von rechtsextremistischem Gedankengut zu distanzieren. Bündnis90/ Die Grünen sollten aufzeigen, dass Kulturen und Nationen in einer globalisierten Welt zusammen arbeiten müssen. Nicht zuletzt wirtschaftlich sind die Länder der Welt voneinander abhängig. So würde z.B. die deutsche Volkswirtschaft als Exportmeister große wirtschaftliche Problem bekommen, wenn die Vorstellungen der NPD und ihrer AnhängerInnen durchgesetzt würden.

Die Grüne Jugend Sachsen setzt sich für eine multikulturelle Gesellschaft ohne Angst vor Verfolgung und Ausgrenzung ein.

(1) Umfrage des Sächsischen Staatsministerium für Kultus, 1999



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