Die Krise nicht den Rechten überlassen!
Beschluss der 2. Landesmitgliederversammlung 2022
29.10.2022 | Dresden
Wir befinden uns an einem Scheidepunkt. Am Anfang der 2020er-Jahre folgt nicht
mehr die eine geopolitische Notlage geduldig und mit Abstand der vorherigen,
sondern die Krisen fangen an sich zu überlappen. Nicht einmal 15 Jahre nach der
Weltwirtschaftskrise 2008 stürzte Covid-19 2020 die Welt in eine erneut
schwierige Situation. Lieferketten waren plötzlich unterbrochen, der
Einzelhandel wochenlang geschlossen und ganze Branchen wie z.B. die Club- und
Kulturszene wurden nachhaltig gestört. Am 24. Februar 2022 folgte daraufhin das
nächste weltpolitische Großereignis. Russland marschierte in die Ukraine ein und
startete einen Angriffskrieg in Europa. Die Auswirkungen dieses Krieges bedeuten
für Deutschland eine extreme Teuerung der Energiepreise und somit eine weitere
Welle an Verarmung und Insolvenz und all das inmitten von enormen
Pandemieschulden, 100 Mrd. mehr für die Bundeswehr und einem irrationalen
Festhalten an der Schuldenbremse. Nicht zu vergessen: Die Klimakrise findet
natürlich auch noch statt…
Die Zeit der multiplen Krisen trifft die gesamte Welt hart, insbesondere den
globalen Süden. Aber auch in Deutschland gibt es lokale Unterschiede in der
Härte der Auswirkungen. In Sachsen bzw. Ostdeutschland sieht man das besonders
deutlich. Hier findet man Landschaften ohne zahlreiche, starke
Mittelstandsfirmen. Hier haben die Kommunen eher weniger Geld und die
Bevölkerung ist bereits stark frustriert vom herrschenden System. Im Osten gab
es bereits Anfang der 90er und Ende der 2000er große Wellen an Insolvenz,
Rückbau und Arbeitslosigkeit. Die sächsische CDU versprach dabei noch 1998
blühende Landschaften, aber hinterlässt nach 30 Jahren Regierung ein desaströses
Ergebnis:
Kaputt gesparte Landstriche, Landflucht, überall mangelnde Investitionen, viel
zu wenig erneuerbare Energien und dazu noch eine Diversität an rechten
Strukturen, die sich hier nur so stark ausprägen konnten, weil das
Innenministerium schon länger auf dem rechten Auge blind ist. Und als wäre das
nicht alles schon schlimm genug führte das kollektive Staatsmisstrauen noch zur
höchsten relativen Covid-Todesrate in der Bundesrepublik. Dies alles sind nun
wirklich keine optimalen Voraussetzungen für noch eine weitere Krise.
Die Lösungen kommen nicht mit dieser CDU!
Es scheint klar, dass große Herausforderungen auf unser Bundesland zukommen,
doch leider wirkt die regierende CDU nicht bereit das Notwendige zu tun und mit
adäquaten Mitteln auf den Notstand zu reagieren. Das ideologisch motivierte und
neoliberale Festhalten an der Schuldenbremse und einer „Schwarzen Null“ findet
sich nämlich auch bei uns. Womöglich wird es in Anbetracht der extremen Teuerung
bundesweit erneut 2023 zu einer Aussetzung aller Schuldenbremsen kommen, jedoch
gibt es keinerlei Anzeichen dafür, dass Ende nächstes Jahr nicht wieder die
Gefahr von massiven Rückzahlungen und folglich enormen Haushaltskürzungen auf
uns zukommen. Die Landesregierung entzieht sich damit selbst die Grundlage für
Investitionen, Sozialprogramme, Auffangschirme usw., die doch so bitter nötig
sein werden, um die soziale Krise in Sachsen abzufedern. Und wer wird am Ende am
meisten davon betroffen sein? Sachsen hat mit etwa 611.000 Beschäftigten auf
Mindestlohnbasis einen überproportionalen hohen Niedriglohnsektor. Die
Mindestlohnerhöhung vom 1.10.2022 verpufft praktischen bei der momentanen
Inflation und es scheint kein Ende der Teuerung in Sicht. Es kann bei dieser
Faktenlage nicht sein, dass eine so prekäre Bevölkerung solch eine zynische
Finanzpolitik abbekommt.
Doch ist es nicht nur die Schuldenbremse, die uns Sorgen macht. Eine Kombination
von stark steigenden Nebenkosten und steigenden Mieten gefährdet tausende
Haushalte diesen Winter in Sachsen. Aus unserer Sicht ist ein Unding, dass es
auf Bundesebene noch keine Regelung bezüglich eines Mietmoratoriums gibt.
Wohnraum sollte ein Menschenrecht sein und Zwangsräumungen sind weder in diesem
Winter noch zu jedem anderen Zeitpunkt angemessen. Diese beschämenden Zustände
müssen aber nicht mit Bauchschmerzen ignoriert werden. Wir erhoffen uns positive
Gegenbeispiele von einer sächsischen Landesregierung, die sich wirklich um die
Menschen bei uns kümmert.
Wenn man sich um den heißen Herbst nicht kümmert, dann brennt es im Winter!
Große Teile der sächsischen Bevölkerung spüren bereits den Notstand.
Montagsdemonstrationen drehen sich nicht mehr um Corona, sondern sprechen von
Russland, Nord-Stream-2-Öffnen, der Gasumlage und der Inflation. Es scheint als
würde die Kenia-Koalition immer noch die immense Gefahr dieser Bürgerproteste
unterschätzen. Die Zahl der Proteste steigt stetig und auch die Anzahl der
Demonstrierenden wächst. Rechtsextreme sind fast immer bei diesen Aktionen dabei
und arbeiten sehr bewusst daran die lose Menge an Menschen mit rechten Analysen
auszustatten, ihnen einfache Antworten zu geben und dabei auch Russlands
Propaganda zu unterstützen. Der wachsende Zuspruch zur AfD in aktuellen
sächsischen Wahlumfragen spricht dabei deutliche Worte.
Die Situation ist dabei höchst dynamisch und keineswegs gewaltfrei, wie die
Angriffe auf linke Gegendemonstranten am 26.09 in Leipzig gezeigt haben. Bei dem
aktuellen Zustand der sächsischen Polizei ist es zudem keineswegs nicht
auszuschließen, dass es, so wie bei Corona-Protesten, zu viel geringer
Polizeipräsenz, keinem bis wenigen Einschreiten bei Straftaten und übermäßig
starker Sanktionierung von linkem Gegenprotest kommen wird. Dies sind für die
GRÜNE JUGEND Sachsen unzumutbare Aussichten!
Für ein soziales Sachsen!
Doch bei diesen gruseligen Prognosen muss es nicht bleiben! Ein besseres und
sozialeres Sachsen ist möglich. Die Landesregierung muss keineswegs in diesen
kritischen Zeiten immer und immer wieder auf die Bundesregierung verweisen.
Unserer Meinung nach sind keineswegs alle landesweiten Möglichkeiten
ausgeschöpft, um den akuten Probleme dieses Bundeslandes zu begegnen. Das Land
Berlin hat vor nicht allzu langer Zeit ein Mietmoratorium für alle landeseigenen
Wohnungen ausgesprochen und hat Energiefonds für kleine und mittelständische
Unternehmen in Aussicht gestellt. Betriebe können auch vom Land gerettet werden!
Auch ist nicht aller Protest im Freistaat Nazimüll! Leipzig hat mit seinem
Energiebündnis „Jetzt Reichts!“ bereits gezeigt, dass linker Sozialprotest in
Sachsen möglich ist. Wir glauben daran, dass unter der Schirmführung
progressiver Kräfte mehr und mehr Protest auf stabiler Basis entstehen kann. Die
Menschen haben allen Grund dazu gegen niedrige Löhne, Verarmung und eine
unsolidarische Energiepolitik auf die Straße zu gehen. Demonstrationen mit
dieser Analyse müssen dabei aber nicht Pro-Putin sein. Für uns ist klar, dass
aus unserer Solidarität mit den Menschen in der Ukraine heraus, keine
Forderungen legitim sind, die mehr Geld in die Kassen von Putins
Kriegsmaschinerie spülen und dabei die eigene sächsische Gesellschaft spalten.
Eine soziale und klimaverträgliche Energieversorgung muss auch ohne russisches
Gas möglich sein. Egal was ein durchgedrehter Kretschmer die Tage sagt. Eine
menschenfeindliche Politik der sächsischen CDU und auch die Forderungen von noch
rechteren Akteuren sind nicht alternativlos!
Deswegen fordern wir:
- Die Aussetzung der sächsischen Schuldenbremse für 2023!
Was bringt uns der Schuldenabbau, wenn die Bevölkerung verarmt und die Gesellschaft sich noch weiter spaltet.
- Eine endgültige Streichung der Schuldenbremse aus der Landesverfassung!
Nur so kann langfristig eine neue Finanzpolitik gestaltet werden, die
Sachsen wirklich in eine blühende Landschaft verwandelt.
- Ein Mietmoratorium für alle landeseigenen Wohnungen und Wohnungen in kommunalem Besitz!
Die Menschen dürfen diesen Winter nicht unter noch mehrBelastungen leiden. Solidarische Mietpolitik ist möglich!
- Landeseigene Fonds zur Abfederung von Preissteigerungen!
Die Finanzierung von Heizkosten sollte für landeseigene Objekte, kleine- bis mittelgroße
Unternehmen und auch die Bürger garantiert sein!
- Konsequentes Vorgehen des Innenministeriums gegen rechte Strukturen!
Egal ob in der Polizei oder außerhalb, Sachsen strotzt vor Nazinetzwerken und
ohne klare Gegenmaßnahmen wird die soziale Krise nur noch mehr Menschen in
diese Strukturen spülen.
- Angemessene Polizeipräsenz auf rechten Demos und Anerkennung von antifaschistischem Protest als demokratisch und notwendig!
Sächsische Städte dürfen sich nicht jeden Montag in No-Go-Zonen verwandeln. Die Polizei muss sich angemessen auf das Demo-Geschehen vorbereiten;
Beauflagungen müssen auch bei den rechten Protesten durchgesetzt werden. Es darf nicht sein, dass lediglich der (linke) Gegenprotest schikaniert wird. Platz für die Hufeisentheorie ist hier nicht! - Massive Beschleunigung des Ausbaus Erneuerbarer Energien in Sachsen!
Nur so kann die Abhängigkeit von fossilen Energien beendet werden und die Preise im Rahmen einer Krisenvorsorge in den kommenden Jahren möglichst ohne Staatshilfen gesenkt werden.
Wir sehen dabei die Kreisverbände von B90 / Die Grünen in der Verantwortung sich
mit uns an Sozial- und Gegenprotesten zu beteiligen. Die Entlastungspakete des
Bundes reichen keineswegs aus. Wir können nur gewinnen, wenn wir uns als
Jugendorganisation und Partei aus der Defensive in die Offensive begeben. Dazu
erwarten wir, dass der Landesverband und die Fraktion sich an die Spitze des
Kampfs um soziale Politik in Sachsen stellen. Die sächsische CDU besitzt eine
erdrückende Mehrheit in der Koalition und auf die SPD ist auch kein Verlass,
wenn es darum geht Kretschmer und Co. Einhalt zu gebeten. Doch es ist
hinzuzufügen, dass ohne den Versuch eines Kampfes wir bereits verloren haben.
Als GRÜNE JUGEND Sachsen stellen wir uns solidarisch hinter jeden Protest, der
auf Basis von Demokratie, Antifaschismus und Solidarität die momentanen Zustände
anprangert.
Für uns als gesellschaftliche Linke in Sachsen ist das unsere Chance eine
Bürgerbewegung zu gestalten, die die unhaltbaren Zustände eines Neoliberalismus
nach Christian Lindner anprangert und dabei nicht nach unten tritt. Es sind und
waren eindeutig nicht die Ukrainer*innen, noch die Migrant*innen oder geimpfte
Menschen Schuld, sondern eine unsolidarische Politik.
Das heißt: Wir wollen diese Krise nicht den Rechten überlassen! Wir wollen einen
Alternative aufzeigen und in dem Sinne hatte der Bundesverband recht, wenn er
fordert:
Solidarität statt Krisen!
Unterstützer*innen
Sarah Einzel (LV Grüne Jugend Sachsen-Anhalt)
← zurück