Ulrike Bürgel
Hier gibt es die Antworten von Ulrike Bürgel, Listenkandidatin ab Platz 5 und Direktkandidatin aus Dresden.
Frage 1: Wie siehst du die GRÜNE JUGEND Sachsen und wie bewertest du ihre Arbeit?
Auf Landesparteitagen von Alt-Grün bringt sich die GJ Sachsen wertvolle Anträge und Wortbeiträge ein und regt die Debatte an. Wo ich sie allerdings bisher weniger gesehen habe, ist bei Landesarbeitsgemeinschaften (Geschlechter und Soziales) der Alt-Grünen. Dadurch findet leider wenig fachliche Zusammenarbeit und kontinuierlicher Austausch zwischen den Generationen statt.
Frage 2: Mit welchen konkreten Maßnahmen möchtest du dich dafür einsetzen, junge Menschen für Politik zu begeistern und sie dann am politischen Leben teilhaben zu lassen?
Ich möchte im Wahlkampf mit jungen Menschen ins Gespräch kommen und dies nicht nur auf der Straße. Ich möchte dafür auch Orte und Räume aufsuchen, in denen sich junge Menschen aufhalten. Ich freue mich zudem, wenn es gelingt, gemeinsam mit der Grünen Jugend Aktivitäten zu entwickeln und diese vor Ort mit GJ-Mitgliedern umzusetzen.
Frage 3: Welche Fehler wurden in der rot-grünen Regierungszeit von 1998 bis 2005 begangen? Was müsste in Zukunft anders laufen?
Viel bescholten ist das ALG II oder auch Hartz IV sicherlich ein schweres Erbe für Bündnis 90/Die Grünen ebenso wie die stärkere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes ohne gleichzeitigen sozialen Schutz wie etwa durch die Einführung eines flächendeckenden Mindestlohns für grundsätzliche alle Arbeitsverhältnisse (also auch solche, die bspw. als Werkverträge daherkommen und doch nur Dumping sind). Das ALG II hat bis heute einen positiven Aspekt: Menschen wurden aus der Sozialhilfe herausgeholt mit dem Anspruch, sie wieder in Arbeit zu bringen und unter dem Aspekt des „Förderns und Forderns“ dazu zu befähigen. Leider hat der Aspekt „Fördern“ bizarre Züge angenommen (x-te Bewerbungstraining als Maßnahme) und muss dringend reformiert werden. Auch müssen die strengen Regelungen für unter 25-Jährige überprüft werden, da dies meines Erachtens eine unverhältnismäßige Bevormundung von jungen Menschen darstellt.
Eine grüne Arbeitsmarktpolitik sollte immer zum Ziel haben, dass die Menschen von ihrer Arbeit leben können ohne zusätzlich zum Bittsteller werden zu müssen, weil der Lohn zum Leben nicht reicht.
Insgesamt finde ich die Frage einseitig. Denn meines Erachtens sollten wir auch auf die Erfolge schauen wie etwa darauf, dass wir gesellschaftliche Diskriminierungen abgebaut haben. Unter rot-grün wurde unter anderem der Grundstein gelegt für die Gleichstellung von Rechten homosexueller Menschen, einer selbstverständlicheren Teilhabe von Frauen am Arbeitsmarkt und der daraus erwachsenden Notwendigkeit zu Kinderbetreuung. Unter rot-grün gelang der erste Ausstieg aus der Atomkraft.
Ich meine, dass wir auch aus den Fehlern (und unserer kritischen Aufarbeitung dieser) wie den Erfolgen der sieben Regierungsjahre unsere Kraft und Energie ziehen sollten, um die Menschen in den kommenden Monaten für einen Wechsel zu gewinnen.
Frage 4: Am 29.06.2012 hat der Bundestag dem Fiskalpakt und dem ESM zugestimmt. Zuvor hatte es auch bei uns heftige Diskussionen gegeben. Wie hättest du dich entschieden, wenn du im Bundestag gewesen wärst und warum?
Im Vertrag zum Fiskalpakt wird unter anderem die Wahrung des sozialen Zusammenhalts bei Maßnahmen im Rahmen der Wirtschafts- und Währungsunion als ein wesentlicher Aspekt genannt, jedoch fehlt in diesem Vertrag die Anbindung an das Europäische Parlament. Den Vertrag zum ESM selbst hätte ich abgelehnt, da dieser ausschließlich ökonomische und finanzpolitische Kriterien für die Hilfe-Maßnahmen vorgibt ohne auf die Bedeutung und die Wahrung der sozialen Stabilität einzugehen. Zudem fehlt auch hier die Einbindung des Europäischen Parlaments, insbes. zum Haushaltsausschuss. Die Mitgliedstaaten und die Kommission sind in beiden Verträgen alleinig handelnde Akteure (ggf. auch die EZB, wenn wirtschaftspolitische Auflagen im ESM ausgehandelt werden) und können damit an der einzigen direkt demokratisch gewählten Institution, dem EP, vorbei agieren.
Gleichwohl finde ich an dem ESM-Vertrag positiv, dass private Gläubiger einbezogen werden können und ein Schritt hin zu einer weiteren Harmonisierung zwischen den Euro-Mitgliedstaaten unternommen wird, auch als Schutz gegen jene Anleger, die Euro-Staaten gegeneinander ausspielen wollen und damit gegenseitige Solidarität und Verantwortung gelebt wird.
Die Verhandlungen zwischen Grünen und SPD mit der Bundesregierung haben dazu geführt, dass diese verpflichtet wird unter anderem umfassendere sozial- und finanzpolitische Maßnahmen auf europäischer wie nationaler Ebene zu ergreifen sowie die Investitionsmittel für die EIB aufzustocken. Wichtig war darunter unter anderem die Verpflichtung ein neues Teilhabeleistungsgesetz zu erarbeiten, mit dem die Eingliederungshilfe reformiert wird und die Einführung einer Finanztransaktionssteuer. Für ebenso wichtig erachte ich für die Entscheidung zu einer Zustimmung, die (erfolgreiche) Klage, den Bundestag bei Maßnahmen zum ESM einzubeziehen, um auf diesem Wege die Verträge auf der nationalen Eben zu demokratisieren. Die europäische Ebene mit der Einbeziehung des EP in die Verträge muss ebenfalls erfolgen.
Insgesamt hätte ich wohl zugestimmt und mich dafür im Rahmen der Möglichkeiten eingesetzt, dass der Fiskalpakt und der ESM demokratisiert werden.
Frage 5: Wie stehst du zu Koalitionsmodellen mit der Linkspartei oder der CDU?
Meines Erachtens sollte mit den Parteien koaliert werden, mit denen inhaltlich die meisten grünen Projekte umgesetzt werden können. Dies halte ich hinsichtlich der CDU für nicht möglich. Aber auch mit der Linkspartei habe ich meine Schwierigkeiten, da sie meines Erachtens zu oft „Nein“ sagt, anstelle vorhandene Verhandlungsräume für die Durchsetzung eigener Ziele zu nutzen.
Frage 6: Wie stehst du zur Legalisierung von Cannabis?
Ich bin für den Einsatz von Cannabis in der Schmerztherapie, um Schmerzen zu lindern, die durch chronische Erkrankungen wie beispielsweise Multiple Sklerose oder Spastiken verursacht werden. Dieser Einsatz ist seit kurzem möglich, was bspw. auch für den Bereich der Palliativmedizin ein Fortschritt ist. Patient*Innen können selbstbestimmt entscheiden, ob sie dieses nutzen und verfügen so über ein Stück mehr Schmerzfreiheit. Das findet meine volle Unterstützung.
Eine komplette Legalisierung lehne ich mehr aus persönlichen, denn aus politischen Gründen ab.
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