24. Juli 2018

Für echte Freiheit im Freistaat – Grundrechte schützen!



Beschluss der 2. Landesmitgliederversammlung 2018

23.06.2018 | Chemnitz

 

Wir erleben eine Zeit, in der die mit Abstand heftigsten Angriffe auf unsere Grundrechte vom Staat selbst kommen. Die Überwachung aller Menschen wird systematisch ausgeweitet, Asylbewerber*innen in ihren Rechten wo es nur geht beschränkt, der Sozialstaat abgebaut. Dazu gehören enorme Eingriffe in das Versammlungsrecht, das allgemeine Persönlichkeitsrecht, das Asylrecht, das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung und weitere. Reihenweise werden Gesetze geschaffen, die Freiheit zugunsten vermeintlicher Sicherheit einschränken.

Doch Sicherheit ist ohne Freiheit nichts wert – zudem es doch meist eine vermeintliche Sicherheit ist. Das Risiko besteht, dass Fußfesseln kaum etwas bringen und die massenhafte Überwachung die Qualität der gewonnenen Daten so mindert, dass Straftaten sogar schwieriger bekämpft werden können. Die heftigen Sicherheitsgesetze sind damit mehr Symbolpolitik zulasten der Grundrechte, als sinnvolle sicherheitspolitische Maßnahmen. Diese Entwicklungen beschränken sich nicht allein auf Sachsen oder Deutschland, sondern ordnen sich ein in einen Trend autoritärer Politik in Europa und der Welt. Dem stellen wir uns entgegen. Wir verteidigen als Demokrat*innen die Grundrechte und setzen uns für die Freiheit aller ein. Geht es um Grundrechte, können wir unangenehm werden. Wir generieren Aufmerksamkeit für Grundrechtseinschränkungen, beteiligen uns an vielfältigen Protestformen, Aktionen und wenn nötig Klagen,
um unsere Grundrechte zu schützen.

Gegen die Politik der Angst

Die Grundrechte des Grundgesetzes garantieren uns Freiheit und dienen als Abwehrrechte gegen den Staat. Alle Menschen sollen dazu ermutigt sein, diese Rechte selbstbewusst einzufordern und die ihnen verbrieften Rechte wahrzunehmen. Die mit dem allgemeinen Rechtsruck einhergehende Politik der Angst und Einschüchterung trägt dazu aber nicht bei. Wir kämpfen für eine Politik und ein gesellschaftliches Klima, die Grundrechte selbstbewusst fördern und sie nicht aus Angst vor schlechten Wahlergebnissen, Rechten oder
einer abstrakten Terrorismusgefahr leichtfertig opfern.

Der von Rechtsradikalen teils systematisch geschürten Angst muss im gesellschaftlichen Diskurs begegnetwerden. Dazu gehört es unserer Ansicht nach, diese Strategie aufzudecken, faktenbasiert zu argumentieren, aber auch normativ für eine weite Auslegung der bürgerlichen Freiheit zu streiten. Dazu gehört es nicht, das Strafgesetzbuch zu erweitern und unverhältnismäßige Gesetzesverschärfungen als probates politisches Mittel anzuwenden.

In diese Politik der Angst und Freiheitseinschränkungen reiht sich auch die geplante Novelle des sächsischen Polizeigesetzes ein. Dieses sieht weitreichende Überwachungsbefugnisse und eine Vorverlagerung der polizeilichen Eingriffsmöglichkeiten weit vor Begehung einer Straftat vor. Wir kämpfen gegen das die Grundrechte gefährdende neue Polizeigesetz. Dabei ist für uns klar, dass wir weder mit reinen Schönheitskorrekturen des Referentenentwurfs, noch mit dem aktuellen Status quo des bisherigen Polizeigesetzes in Sachsen zufrieden sein können. Wir wollen eine grundsätzliche Abkehr vom in diesen Gesetzen deutlich werdenden Überwachungsdrang und die weitreichende Garantie der grundgesetzlichen Freiheit.

Wir sind grundsätzlich unverdächtig – Stoppt die Überwachung

Immer weitreichendere Überwachungsgesetze werden im Bund, aber auch im Land Sachsen geschrieben. Beim Ausbau der Überwachungsmöglichkeiten gerät dabei jeder ins Visier: überwacht werden alle Bürger*innen gleichermaßen. Zur Überwachung gehören  unter anderem: immer mehr Kameras im öffentlichen Raum, intelligente Videoüberwachung mit Gesichtserkennung, Telekommunikationsüberwachung, die Ausrufung von Gefahrengebieten, Vorratsdatenspeicherung und weitere eingreifende Maßnahmen. Aus diesen Gründen sprechen wir uns deutlich gegen das Konzept der „gefährlichen Orte“ aus. Das zeigt ein tiefes Misstrauen des Staates in seine Bürger*innen. Dabei müssen wir uns nicht dafür rechtfertigen, dass wir Privatsphäre erhalten wollen – der Staat muss es, wenn er sie uns nehmen will. Auch das gehört zur Wahrnehmung der Grundrechte. Wir sind grundsätzlich unverdächtig! In der geplanten Novelle des sächsischen Polizeigesetz sind die (präventive) Überwachung der Telekommunikation, die Erhebung von Verkehrs- und Nutzungsdaten, die Identifizierung und Lokalisierung von Handys, Unterbrechung/Verhinderung der Telekommunikation und die Erhebung von Bestandsdaten
vorgesehen. Diese ermöglichen eine Ausspähung in weitreichendem Maße. Wir stellen uns gegen derartige Überwachungsbefugnisse für staatliche Behörden fordern den Schutz der Privatsphäre. Zudem lehnen wir die wuchernde Überwachung des öffentlichen Raums strikt ab. Menschen verhalten sich anders, wenn eine Kamera auf sie gerichtet ist – und wenn diese dann mit Hilfe intelligenter Technik und Gesichtserkennung in die Lage versetzt wird, ein ganzes Bewegungsprofil zu erstellen, hat das immense Auswirkungen auf unser Verhalten. Dabei soll der öffentliche Raum allen Menschen gemeinsam gehören – ohne, dass diese sich dort permanent beobachtet, analysiert und überwacht fühlen müssen.

Für eine transparente Polizei

Die sächsische Polizei hat häufig keinen guten Ruf. Immer wieder vorkommende Fälle von Polizeigewalt, Racial Profiling, Verbindungen von Polizist*innen zu Rechtsradikalen und mangelnde Transparenz führen dazu, dass viele Menschen die Zuversicht in die Polizei in Sachsen nicht aufbauen oder verlieren. Das muss sich ändern!

Fehlverhalten muss konsequent aufgeklärt werden. Um echtes Vertrauen in die Polizei zu ermöglichen, sind eine anonymisierte Polizeikennzeichnung und eine unabhängige Beschwerdestelle dringend nötig. Sie sind ein wichtiger Schritt dafür, dass Polizeigewalt und Machtmissbrauch durch Polizeibeamt*innen konsequent aufgeklärt werden können. Beide Mittel schaffen mehr Transparenz und ein höheres Vertrauen in die sächsische Polizei.

Wir wenden uns gegen das neue Polizeigesetz!

Dafür wollen wir künftig in Bündnissen, die Widerstand gegen das Polizeiaufgabengesetz formieren, mitarbeiten, und den Protest auf die Straße tragen. Wir sprechen uns deutlich gegen den Trend zur Militarisierung der Polizei aus. Wenn das SEK auf einer Demo steht (wie in Wurzen im September 2017), die Polizei zukünftig Handgranaten erhalten soll oder der Polizeipanzer mit einem Maschinengewehrturm ausgerüstet werden soll, sind das enorme Einschüchterungsfaktoren. Es kann nicht sein, dass Menschen sich nicht zu einer Demo trauen, weil sie bereits durch das militarisierte Auftreten der Polizei eingeschüchtert sind. Darum muss diese militarisierende  Entwicklung JETZT gestoppt werden.

Refugees Welcome – für ein echtes Grundrecht auf Asyl und menschenwürdigen Umgang mit Geflüchteten

Auch das Asylrecht ist ein Recht, das wie alle anderen Grundrechte verteidigt gehört. Dabei nehmen wir es nicht hin, dass das Recht auf Asyl seit Beginn der 1990er Jahre immer weiter ausgehöhlt wurde. Wir sind für eine Grundgesetzänderung, die die Einschränkungen des Asylrechts zurücknimmt. Menschen, die gezwungen sind zu fliehen, benötigen Schutz. Dazu braucht es auch ein klares Bekenntnis im Asylrecht und keine Relativierungen.

Zudem positionieren wir uns klar gegen so genannte Ankerzentren in Sachsen. Dort sollen Asylsuchende ab ihrer Ankunft bis zu einer Entscheidung (und damit unter Umständen bis zu ihrer Abschiebung) untergebracht werden. In diesen Massenunterkünften gibt es häufig fast keine Privatsphäre, die Lärmbelastung ist hoch, und das enge Zusammenleben auf engem Raum fördert Konflikte. Das ist gerade für Menschen, die häufig traumatische Erlebnisse hinter sich haben, kaum zumutbar. Auch Kinder leiden enorm unter diesen Umständen. Außerdem ist der Zugang für NGOs in Ankerzentren nicht gewährleistet. Beratung über Asylanträge oder Beschwerden bei unmöglichen Bedingungen werden somit um ein Vielfaches schwerer. Deswegen fordern wir eine baldige Unterbringung von Asylsuchenden in Wohnungen, statt Ankerzentren. Genauso wenig wie Ankerzentren sind Abschiebegefängnisse akzeptabel. Es kann nicht sein, dass Menschen in Haft fest gehalten werden, ohne je eine Straftat begangen zu haben. Das ist weder mit den Grundrechten, noch mit unserem Rechtsstaatsverständnis vereinbar. Wir fordern die Schließung sämtlicher Abschiebehaftanstalten.

Wir positionieren uns deutlich gegen Maßnahmen, die die Selbstbestimmung von Geflüchteten unverhältnismäßig einschränken, wie etwa die reine Verteilung von Sachleistungen. Diese Maßnahmen zielen allein darauf, Asyl in Deutschland möglichst unattraktiv zu machen, und so Schutzsuchende abzuschrecken. Eine dermaßen zynische Praxis muss konsequent abgelehnt werden.

Hier als PDF: Für echte Freiheit im Freistaat – Grundrechte schützen!
Quellen:
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1062513.sek-einsatz-bei-antifa-demo-in-wurzen.html
https://www.polizei.sachsen.de/de/dokumente/Landesportal/ReferentenentwurfXArtikelgesetzXNovelle.pdf



← zurück