18. Dezember 2020

Ein Jahr Sachsenkenia – Wir ziehen Bilanz



Ein Jahr Kenia Koalition heißt für uns als Grüne Jugend Sachsen das erste Mal Jugendorganisation einer Regierungspartei zu sein. Jetzt hat unser neuer Landesarbeitskreis Regierungswatch eine erste Bilanz gezogen über die Regierungsarbeit und dabei Kritik sowie Lob angebracht und einen kleinen Ausblick auf die restliche Legislaturperiode gewagt. 

1. In diesen Bereichen ist Kritik angebracht

INNENPOLITIK 

Im Bereich der Innenpolitik sehen wir weiterhin starke Versäumnisse. Auch im vergangenen Jahr kamen wieder etliche Polizeiskandale ans Licht und ließen erkennen, dass das Innenministerium unter Herrn Wöller seine Behörden nicht im Griff hat. Nicht zuletzt die Geschehnisse rund um die Querdenken-Demo in Leipzig am 07.11.2020 zeigten erneut, dass das Ministerium und die Polizei die Bedrohung durch den Rechtsextremismus in Sachsen maßlos unterschätzt und seine Prioritäten komplett realitätsfern setzt. Die Hufeisentheorie gehört dringend aus dem Innenministerium verbannt. Zudem wurde abermals deutlich, dass weder Polizei noch Innenminister grundsätzlich bereit sind Fehler einzugestehen, aufzuarbeiten und lösungsorientiert zu handeln.Ein Weiter so kann es hier mit Innenminister Wöller nicht geben! 

ASYL 

Sachsen ist nach wie vor weit von einer humanen Asylpolitik entfernt. Sowohl in Sachsen als auch im Einsatz über die Landesgrenzen hinaus.Den Einsatz des SMJusDEG und der bündnisgrünen Fraktion sehen wir, jedoch blockiert die CDU in der Koalition jede halbwegs humane Lösung. Hinzu kommt, dass sich das CDU-geführte Innenministerium mehrfach nicht an die im Koalitionsvertrag festgehaltene Vereinbarung hielt, Geflüchtete möglichst nicht vom Arbeitsplatz abzuholen. Auch ein versprochenes Abschiebemonitoring und -leitfaden sind bis jetzt nicht vorgestellt worden. Der Abschiebestopp nach Syrien hätte unbedingt verlängert werden müssen. Für uns ist jedoch klar: Abschiebungen bleiben grundsätzlich inhuman.Des Weiteren ist die Situation in den griechischen Lagern nach wie vor menschenrechtswidrig. Entsprechend muss sich das sächsische Handeln an der vollständigen Evakuierung orientieren. 70 zusätzliche Geflüchtete Menschen über dem Bundesschlüssel aufzunehmen ist höchstens ein Signal, aber weit von der notwendigen Verantwortung und den Kapazitäten entfernt. 

VERKEHR 

Im Verkehrssektor setzt das zuständige Ministerium leider lieber auf ein „Weiter so“ anstatt die dringend notwendige Verkehrswende einzuleiten. Im ÖPNV blockiert das SMWA unter Martin Dulig wichtige und vor Ort gewollte Reaktivierungen von Bahnstrecken. Obwohl bereits fertige Studien vorliegen, die die Reaktivierungen empfehlen, ignoriert es diese und will erst eine eigene Studie in Auftrag geben, deren Ergebnisse nicht vor 2023 zu erwarten sind.Ebenso inakzeptabel war es, dass die Landesregierung vom Bund bereitgestellte Hilfsgelder an die Nahverkehrsunternehmen zunächst nur teilweise auszahlen wollte und damit die Pleite vieler Verkehrsunternehmen riskiert hat. Inzwischen hat sie zwar eingelenkt, der Vorfall zeigt dennoch den rückwärtsgewandten, autozentrierten Geist in den Amtsstuben der Landesregierung auf.Stattdessen hält sie an der längst aus der Zeit gefallenen Planung von Straßenneu- und -ausbauten fest. 

CORONAPOLITIK 

Aufgrund hoher Infektionsfälle und steigender Todeszahlen in den an die Belastungsgrenze kommenden Krankenhäusern ist der jetzt verhängte harte Lockdown vor Weihnachten dringend nötig. Der Landesregierung, insbesondere dem Ministerpräsidenten werfen wir fehlende Handlungsbereitschaft vor. Der Lockdown kommt zu spät, landesweite Beschränkungen hätten spätestens erlassen werden müssen, als klar war, dass Landrät*innen angemessene Maßnahmen verweigern oder hinauszögern und absehbar wurde, dass die Krankenhäuser an ihre Kapazitätsgrenzen stoßen würden.Die Anbiederung Herrn Kretschmers an die Querdenken-Bewegung verurteilen wir scharf. Genauso kritisieren wir das Missverhältnis, mit dem sich die Beschränkungen zwar massiv auf Sozialleben und Freizeit auswirken, aber wenige Vorgaben erlassen werden, um im Bereich der Lohnarbeit das Infektionsrisiko zu minimieren, während des Lockdown lights und jetzt.Leider wurde auch die Zeit im Frühling und Sommer nicht genutzt, um Konzepte für digitales Lernen zu erarbeiten, technische Ausstattung für Schüler*innen und Lehrkräfte sowie entsprechende Weiterbildung für Lehrer*innen bereit zu stellen.  

2. Hier konnten schon Erfolge erzielt werden

BILDUNG

Im Bereich der Bildungspolitik sind zwei Erfolge vor Allem zu erwähnen. Zum einen wurde mit der Einführung der Gemeinschaftsschule das Kernanliegen des Volksbegehrens umgesetzt, auch wenn der Originalantrag dahingehend abgewandelt wurde, dass eine Bildung von 4 Parallelklassen in Großstädten notwendig ist.Zum Anderen wurde das Bildungsstärkungsgesetz verabschiedet, welches den besonders kritischen Fachkräftebedarf in Einrichtungen der frühkindlichen Bildung sichern und die Lehrer*innen entlasten soll. 

GEWALTSCHUTZ

Die Entwicklung der Gewaltschutzinfrastruktur ist lobenswert. Betroffene können ab jetzt in jedem sächsischen Landkreis vor Gewalt Zuflucht finden. Außerdem wird an Interventions- und Koordinierungsstellen in jedem Landkreis gearbeitet und die Gewaltschutzeinrichtungen werden barrierefrei ausgebaut. Wir begrüßen außerdem die angestrebten Weiterbildungen in Justiz und Polizei für eine Verbesserung des Erstkontakts mit den schutzsuchenden Personen. Von der geplanten Dunkelfeldstudie erhoffen wir uns einen klareren Überblick über die Zahl der Schutzsuchenden in Sachsen und die Menge zusätzlich notwendiger Hilfsangebote bzw. Zufluchtsorte.  

SOZIALES und GLEICHSTELLUNG 

Durch den deutlichen Einsatz von Bündnisgrünen und SPD sind trotz des zu erwartenden Rückgangs des Steueraufkommens in der kommenden Haushaltsperiode keine Kürzungen im Sozial- und Gleichstellungsbereich geplant. Ein deutliches Signal, in Zeiten in denen überall Kürzungen vorgenommen werden. 

3. Ausblick

KAMPF GEGEN RECHTS  

Der auf Bestreben der bündnisgrünen Fraktion von der Koalition im Juli beschlossene Antrag zur Erstellung eines „Gesamtkonzeptes gegen Rechtsextremismus“ stellt eine Grundlage dar, auf der weiter aufgebaut werden sollte. Unter den 18 Punkten des Programms besonders hervorzuheben ist die Gründung eines Dokumentations- und Forschungsinstituts zu demokratiefeindlichen Bestrebungen in Sachsen, des Else-Frenkel-Brunswik-Institutes. Auch die Schaffung von Sicherheitsmaßnahmen für sensible Einrichtungen ist durchaus ein richtiger, wenn auch deutlich verspäteter, Schritt. Ebenfalls zu begrüßen ist die geplante Verbesserung der Kommunikation und Unterstützung es Landes für die Kommunen im Kampf gegen Rechts. Das eigentlich bis Ende 2020 geplante Gesamtkonzept muss nun auch schnell auf die Beine gestellt und konsequent umgesetzt werden! 

KLIMAPOLITIK 

Leider hat die Landesregierung im wichtigen Bereich Klimaschutz bisher noch nicht viel vorzuweisen. Mit dem Beschluss der Förderrichtline für die Forstwirtschaft und dem Ausblick auf das Waldgesetz macht die Landesregierung Schritte in Richtung nachhaltiger Wald. Das im Koalitionsvertrag vereinbarte neue Energie- und Klimaprogramm ist genau wie der neue Haushalt noch nicht verabschiedet. Wir warten deshalb gespannt und hoffen sehr, dass in beidem eine deutliche grüne Handschrift erkennbar sein wird. Gerade im Bereich der Energiewende besteht in Sachsen dringender Handlungsbedarf; hier muss das CDU-geführte Regionalministerium seine Blockadehaltung sofort aufgeben. 



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