29. Oktober 2022

Tagebau Turów: Weiterbetrieb und Ausbau stoppen – für konsequenten Klimaschutz und die Sicherheit der Menschen im Dreiländereck



Beschluss der 2. Landesmitgliederversammlung 2022

29.10.2022 | Dresden

Die Thematik und der Rechtsstreit rund um den polnischen Tagebau Turów nahe der
deutschen Grenze beschäftigen uns als GRÜNE JUGEND Sachsen und vor allem die
Bürger*innen im Dreiländereck nicht erst seit gestern. Bereits seit vielen
Jahren gibt es ein multinationales Hin und Her zwischen Gutachten, Klagen,
Messungen und Protesten. Doch seit einigen Tagen gibt es neue besorgniserregende
Entwicklungen in dem Fall: der Tagebau soll bis 2044 weiterbetrieben werden –
mit verheerenden Folgen für Klima, Umwelt und Menschen.

Der riesige Braunkohlegroßtagebau liegt im Südwesten Polens, östlich der
Lausitzer Neiße und der deutschen Stadt Zittau sowie der tschechischen Gemeinde
Bogatynia. Er erstreckt sich auf einer Fläche von ca. 30 km² oder ca. 4000
Fußballfeldern und ist damit einer der größten Braunkohletagebaue Europas. Dazu
kommen die Flächen der Abraumhalde und des dazugehörigen Kraftwerks.

Für uns als GRÜNE JUGEND Sachsen ist klar: Die schmutzige Kohleverstromung ist
nicht mit den Pariser Klimaschutzzielen und der 1,5-Grad-Grenze vereinbar. Der
Braunkohleabbau im Tagebau und die Verbrennung im dazugehörigen Kraftwerk sorgen
für den Ausstoß klimaschädlicher Emissionen und eine Luftverschmutzung, die zu
Smog in der ganzen Region führt. Die schmutzige Luft enthält krebserregende
Substanzen, Schwefeloxide und Schwermetallbestandteile, die besonders für Kinder
und vorerkrankte Menschen gefährlich sind. Zudem besteht eine enorme
Lärmbelästigung vor allem auf tschechischer Seite.

Diese Auswirkungen machen natürlich nicht an der deutschen oder tschechischen
Grenze halt. Die ganze Region des Dreiländerecks ist unmittelbar betroffen.
Zittau ist bereits seit mehreren Jahren einem stetig sinkenden
Grundwasserspiegel, Bodensenkungen und damit verbundenen Rissen an Gebäuden,
destabilisierten Häusern, Schäden an Infrastruktur und chemischer Verunreinigung
von Grund- und Oberflächenwasser ausgesetzt. Bei einer weiteren Ausdehnung des
Tagebaus kann die Stadt Zittau laut Studien bis zu einem Meter weiter absinken.

Zu den neusten Entwicklungen gehört, dass der BUND Sachsen mit weiteren
Partnerorganisationen aktiv geworden ist und bei der Europäischen Kommission
Beschwerde eingelegt hat. Sie fordern die Einleitung eines
Vertragsverletzungsverfahrens. Hintergund ist das Abkommen zwischen Polen und
Tschechien, wonach die polnische Seite eine Summe von 45 Mio. € an die
tschechische Seite zahlt, die im Gegenzug die Klage auf EU-Ebene gegen den
Weiterbetrieb des Tagebaus zurückzieht. Aufgrund de tschechischen Klage hatte
die EU bereits Bußgeldzahlungen gegen den polnischen Tagebaubetreiber PGE von
einer halben Mio. € am Tag verhängt, die mit besagtem Abkommen wieder ausgesetzt
wurden.

Die polnische Regierung hat den Weiterbetrieb des Tagebaus bis 2044 genehmigt
und dabei eine umstrittene Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgewunken.
Ein Gutachten unserer sächsischen Justizministerin Katja Meier stellte zwar
formale und inhaltliche Fehler in der UVP fest, bis heute fehlt aber immer noch
ein klares Votum der Sächsischen Staatsregierung für den Bund, damit dieser
aktiv gegen den Weiterbetrieb des Tagebaus vorgehen kann.

Für die GRÜNE JUGEND Sachsen ist eine Tagebauerweiterung und -vertiefung
aufgrund der oben genannten Argumente nicht tragbar. Die dramatischen
Auswirkungen machen keinen Halt an Ländergrenzen und beeinflussen die gesamte
Region. Deshalb fordern wir:

  • ein klares Votum der Sächsischen Staatsregierung und der (bündnisgrünen)
    zuständigen Ressorts auf Bundesebene gegen den Weiterbetrieb des Tagebaus
    Turów
  • dass das Gutachten des SMJusDEG zur UVP nur der Anfang des (rechtlichen)
    Vorgehens gegen den Tagebaubetreiber PGE sein darf
  • einen grenzüberschreitenden Kohleausstieg verbunden mit einer Energiewende
    und einem bürgernahen, wirtschaftlich verträglichen Strukturwandel in den
    Kohleregionen.

Die GRÜNE JUGEND Sachsen schließt sich den Forderungen des BUND Sachsen an, auf
EU-Ebene rechtlich gegen den Weiterbetrieb des Tagebau Turów vorzugehen.



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