29. April 2023

Revolution in der Schule – politische Bildung im Lehrplan, jetzt!



Beschluss der 1. Landesmitgliederversammlung 2023

29.04.2023 | Chemnitz

Viele Kinder und Jugendliche sind politisch nur wenig gebildet, Ursache dafür
ist unter anderem die mangelnde politische Bildung an Schulen. Das gefährdet
unsere demokratische Grundordnung, denn ein Mangel an politischer Aufklärung
stärkt demokratiefeindliche und rechtsextreme sowie
religiös-fundamentalistische Kreise. Wir fordern daher, dass Lehrpläne angepasst
werden!

Die Lehrpläne für sächsische Schulen sind zum Teil aus 2004. Damit sind sie
älter als die Schüler*innen, die den Unterrichtsstoff lernen sollen selbst. Das
muss sich ändern und die Lehrpläne, insbesondere in den G-Fächern (Geschichte,
GRW, Geografie) müssen aktualisiert und mit aktuellen Bezügen überarbeitet
werden. Themen wie „Cancel Culture“, Social Media oder aktuelle Konflikte müssen
Teil eines dynamischen Lehrplanes werden. Schlechte schwarz-weiß Kopien und der
Polylux haben in Klassenzimmern im 21. Jahrhundert nichts mehr zu suchen!
Wissensvermittlung sollte nachhaltige Entwicklungen fördern und thematisch mit
den Lehrplänen übereinstimmen. Schüler*innen sollen dadurch ermutigt werden, an
der Gesellschaft mitzugestalten. Die Kompetenzförderung der politischen
Emanzipation muss schulartenübergreifend gestärkt werden, insbesondere also auch
an Real- und Hauptschulen. Dies zieht die Angleichung der Fächerbezeichnungen
und stärkere Gewichtung der Themen Migration, Nachhaltigkeit, Partizipation und
Medienkompetenz im Lehrplan mit sich.

Methodik

Individuelle Gedanken und kreatives Denken haben im Unterricht keinen Raum zum
Atmen. In den meisten Fächern, wie Sprachen oder Naturwissenschaften, wird der
Lehrplan strikt und trocken durchgezogen. Das, obwohl in vielen dieser Fächer
ein klarer Bezug zu Demokratie beziehungsweise Politik besteht. Wir finden, das
muss sich ändern. Wir benötigen selbst gesteuertes Lernen mit freiem Raum für
die kreative und selbstbestimmte Entwicklung von Kindern und Jugendlichen. Um
diese selbstständige Weiterentwicklung zu fördern, müssen unter anderem mehr
Debatten im Unterricht geführt und dies im Lehrplan verankert werden. Dafür
bedarf es einer Veränderung an unserem trockenen Lehrplan sowie der
Unterrichtsmethodik.

Mitbestimmung

Die Schule ist ein Ort, in dem die Jugendlichen einen großen Teil ihrer Zeit
verbringen. Wir sind uns einig, dass die Jugendlichen hier die Möglichkeit haben
sollten, diesen Ort mitzugestalten, da Demokratie überall möglich ist! Es
beginnt schon in der Gestaltung des Schulhauses oder der Klassenzimmer. Dies
wird vorwiegend von Lehrkräften oder administrativen Personal von oben herab
durchgesetzt, die Schüler*innen haben hier kaum Mitspracherecht. Noch weniger
bei Lernbereichen, Notenvergabe oder Aufgabenstellungen. Das muss sich ändern!
Schüler*innenräte sind eine Möglichkeit, politische Beteiligungsformen
näherzubringen und als Schüler*innenschaft die eigene Schule zu verändern und
gestalten. Schule ist ein Ort FÜR junge Menschen, also sollten diese auch das
meiste Mitspracherecht bekommen. Basisdemokratie sollte gelebt und gelernt
werden, auch und gerade in Schulen!

Demokratieförderung

In Zeiten, in denen die AfD in Wahlumfragen auf 30 % kommt und in Teilen der
sächsischen Bevölkerung Demokratiefeindlichkeit auffällt, ist eine stärkere
Demokratieförderung in den Schulen alternativlos und das sinnvollste Mittel, um
faschistischen und reaktionären Tendenzen der Jugend vorzubeugen.

Deshalb fordern wir, dass sich die GRÜNE JUGEND Sachsen für eine Integrierung
der folgenden Punkte:

  • eine stärkere, fächerübergreifende Demokratieförderung, zum Beispiel in
    Form von gemeinsamen Projekten der G-Fächer
  • eine Förderung des Demokratieverständnisses von Schüler*innen durch
    außerschulische Akteur*innen, unter anderem Vereine und Netzwerke für jede
    Klassenstufe
  • eine regelmäßige Thematisierung von aktuellen demokratie- und
    menschenfeindlichen Ereignissen im Kontext des Schulstoffes, zum Beispiel
    beim Thema Brasilien auf Bolsonaro eingehen und Auswirkungen von
    rechtsextremen und antidemokratischen Strukturen auf die Innen- und
    Außenpolitik aufzeigen

    in den sächsischen Lehrplan einsetzt.

Geschichte

„Wer die Geschichte nicht kennt, ist verdammt, sie zu wiederholen!“ Doch wir
sagen: NIE WIEDER sollen Faschist*innen, Autokraten und Neonazis in Deutschland
herrschen dürfen . Deshalb fordern wir Änderungen in den Lehrplänen, die dies
verhindern.

Das Fach Geschichte und dessen Lehrpläne sind derzeitig bewusst europäisiert.
Das soll sich ändern, denn internationale Historie muss thematisiert werden, um
auch aktuelle globale Konflikte zu verstehen und einzuordnen können. Auch müssen
die Lehrpläne die Recherchekompetenz von Schüler*innen fördern, um
tiefgreifendes Bewusstsein für Geschichte und dessen Reichweite zu schaffen.
Eine kritischere Auseinandersetzung mit Opfergruppen und deren Tätern muss
erfolgen, auch aus der Perspektive der Opfer. Die Schuldfrage muss in der Schule
mehr diskutiert und gestellt werden. Der Lehrplan muss deutlich den Weg
Deutschlands hin zu einem demokratischen Land thematisieren und damit verankert
die in den Epochen herrschende Politik, das Frauenbild, das Wirtschaftssystem
und das gesellschaftliche Klima reflektieren. Schüler*innen müssen aus dem
Geschichtsunterricht für ihr heutiges Leben erkennen, weshalb aktuelle
Entwicklungen stattfinden und diese auch kritisch beurteilen können. Dafür ist
mehr perspektivische Vielfalt in den Lehrplänen vonnöten, insbesondere die
intensive Auseinandersetzung mit kulturellen Minderheiten und wie mit diesen
umgegangen wurde. Das Ziel soll sein, Toleranz an Schulen zu fördern. Auch muss
sich zum Verständnis mehr mit den Ideologien einzelner Staaten & Gesellschaften
in der Vergangenheit auseinandergesetzt werden und ebenfalls die rhetorische
Komponente einbezogen werden. Erinnerungskultur soll stärker Einzug erhalten in
die Lehrpläne und Schüler*innen umfassend darauf aufmerksam machen, wie die
Welt, in der sie leben, geprägt wurde.

Antidiskriminierung

An den Schulen soll auf die individuelle Entfaltung der Schüler*innen geachtet
werden. Das beinhaltet geschlechtliche sowie sexuelle Vielfalt und
Gleichstellung aller Geschlechter. Hierbei sollte zunächst auf
geschlechtsneutrale Formulierungen geachtet werden, beispielsweise sollte man
nicht davon ausgehen, dass jedes Kind eine Mutter und einen Vater hat. In
Aufgabenstellungen sollten Stereotype vermieden werden. Solche Beispiele können
Schüler*innen ein falsches Weltbild geben. Außerdem sollte die binäre
Geschlechtertrennung vermieden werden. Im Sportunterricht spielt diese noch oft
eine wichtige Rolle. Für Personen abseits der gesellschaftlich geprägten
Geschlechter Mann und Frau ist es oft unangenehm oder gar nicht möglich, am
Sportunterricht teilzunehmen, da man aktuell in der Umkleideraumteilung binär
trennt und auch bei der Bewertung streng zwischen Mädchen und Jungen
unterschieden wird. Die momentane Bewertung im Sportunterricht ist generell in
vielen Bereichen diskriminierend, da körperliche Unterschiede keine Beachtung
finden. Daher sollten die Leistungen im Sportunterricht nicht bewertet werden.
Des Weiteren sollen auch auf den Jungentoiletten Hygienebehälter stehen, da auch
Schüler, die sich als männlich identifizieren, menstruieren können. Es sollte
auch klar werden, dass Menschen aufgrund mehrerer Gründe Diskriminierung
erfahren können. Zum Beispiel aufgrund des Geschlechts, der Hautfarbe und der
sozialen Klasse. Schüler*innen sollten sich dessen bewusst sein und auch wissen,
dass Diskriminierungen jeglicher Art nicht okay sind und auch Lehrkräfte
sollten, dementsprechend weitergebildet werden! Daher ist es wichtig, dass das
Thema fest mit in den Lehrplan integriert wird, Sozialarbeiter*innen eingesetzt
werden und sich in Schulen Anlaufstellen für, von Diskriminierung Betroffenen,
eingerichtet werden.

Aufklärung

In den Lehrplänen müssen Themen der Aufklärung viel mehr verankert werden! Das
beginnt bei der Thematisierung von sexueller und geschlechtlicher Vielfalt im
Biologieunterricht, über religiöse, nicht christliche Bildung, in Ethik und
Religion bis hin zur Behandlung von globalem und lokalem Klassismus in Geografie
und GRW/GK. Diese Aufklärungsarbeit trägt im ersten Schritt zu besserer
Awareness der Schüler*innen und Lehrkräfte bei und hilft sozial schwache,
queere, transgeschlechtliche, jüdische, muslimischen oder anderweitig
marginalisierte Kinder und Jugendliche vor Diskriminierung zu bewahren. Das Ziel
dabei ist Entstigmatisierung, Enttabuisierung, Anerkennung und Toleranz zu
schaffen.

Das funktioniert nun mal nicht neutral oder nach der Hufeisentheorie, die in
Schulen heutzutage immer noch gelehrt wird, politisch „mittig“. Es muss eine
klare Abgrenzung nach rechts geben! Über Rechtsextremismus, seine Ursprünge und
Entwicklung sowie seine Gefahren für die Demokratie muss umfassend aufgeklärt
werden. Das Ziel der Institution Schule sollte es sein, in allen Bereichen
Antifaschismus zu leben und lehren und dieses Gedankengut an alle Schüler*innen
weiterzugeben.

Kritisches Denken

In der Schule werden wir zu nicht hinterfragenden Kollektiven erzogen, die dem
System nützen, denn das Notensystem und damit zusammenhängend das Streben nach
Erfolg fördert kapitalistische Leistungsansprüche. Unser Schulsystem stellt all
das als selbstverständlich dar. Konkurrenz und individueller Erfolg werden
gestärkt und junge Menschen somit davon abgehalten sich zu bündeln und zu
organisieren. Das Schulsystem muss dahin gehend reformiert werden, uns zum
kritischen Denken anzuregen und es muss der Raum zum Hinterfragen gelassen
werden. Das heißt auch den Staat und dazugehörige Institutionen infrage stellen
zu können. Wir benötigen die Möglichkeit, um Debatten über Polizei und
Verfassungsschutz zu führen und uns über die Aktualität und Relevanz von Normen
und Regeln auszutauschen, die von vorangehenden Generationen geprägt wurden.
Schüler*innen sollten umdenken können, Anregungen zum anders machen an die Hand
bekommen und nichts Gegebenes als unabänderbares Betrachten, auch und vor allem
nicht den neoliberalen Kapitalismus. Die Schule sollte junge Menschen
hervorbringen, die nach Veränderung streben und die Welt weiterentwickeln
wollen, dazu muss das Gefühl vermittelt werden, dass sie etwas verändern können.
Denn ohne Frage, das können sie!

Nachfolgende Generationen sollen nicht lernen müssen, mit dem ‚Ist‘-Zustand
zurechtzukommen, sondern selbst Perspektiven für die Zukunft entwickeln können,
auch wenn diese von der kapitalistischen, heteronormativen, christlichen Norm
abweichen.

Konkrete Forderungen

Deshalb sind unsere konkreten Forderungen:

  • Aktualisierung der Lehrpläne mit mehr aktuellen Bezügen
  • Angleichung der Fächer GK/GRW auf gymnasialen Standard und darüber hinaus
  • Politische Bildung muss zu gesellschaftlicher Emanzipation anregen
  • Anpassung der Methodik
  • mehr selbst gesteuertes lernen
  • Raum für Kreativität
  • Debatten im Unterricht verankern
  • Mitbestimmung
  • Mehr Mitspracherecht für Schüler*innen bei Gestaltung von Räumlichkeiten
    und Schulalltag
  • Basisdemokratische Prinzipien in den Unterrichtsalltag einbinden
  • Demokratieförderung voranbringen
  • fächerübergreifende Demokratieförderung (insbesondere gemeinsame Projekten
    der G-Fächer)
  • Förderung des Demokratieverständnisses durch außerschulische Akteur*innen
    (Vereine und Netzwerke)
  • regelmäßige Thematisierung von aktuellen demokratie- und
    menschenfeindlichen Ereignissen
  • Angemessene Auseinandersetzung mit der Geschichte (→ Lehrplan
    überarbeiten)
  • globale, nicht nur europäische, Geschichte betrachten (essenziell, um
    Zusammenhänge in der heutigen Zeit zu verstehen)
  • Recherchekompetenzen fördern
  • Angemessene Erinnerungskultur in Bezug auf die NS-Zeit und Stellung der
    Schuldfrage
  • Entwicklungen Deutschlands zur Demokratie thematisieren
  • perspektivische Vielfalt (gesellschaftliche Minderheiten einbeziehen)
  • Antidiskriminierung
  • geschlechtsneutrale Formulierungen und Vermeidung von Stereotypen
  • Sportunterricht anti-diskriminierender und Geschlechts-offener gestalten
  • Präventive Maßnahmen gegen Diskriminierung für Schüler*innen und
    Lehrkräfte, um dadurch Diskriminierung zu vermeiden
  • verpflichtender Einsatz von Sozialarbeiter*innen und Schulpsyscholog:innen
  • Anlaufstellen für Schüler*innen,die Diskrimminierung erfahren, einrichten
  • Aufklärung
  • mehr Aufklärung über soziale und kulturelle Themen muss stattfinden (z. B.
    religiöse Vielfalt oder ethnische Minderheiten)
  • intensive Aufklärung über Rechtsextremismus und seine Gefahren
  • Kritisches Denken
  • Kritisches Denken muss vom Schulsystem gefördert werden
  • Schüler*innen müssen Raum zum Neu- und Umdenken bekommen um
    Zukunftsperspektiven zu etwickeln

Begründung

Viele Kinder und Jugendliche sind politisch nur wenig gebildet, Ursache dafür ist unter anderem die mangelnde politische Bildung an (weiterführenden) Schulen. Das gefährdet unsere demokratische Grundordnung, denn ein Mangel an politischer Aufklärung stärkt demokratiefeindliche und (rechts-)extremistische Kreise. Wir, die Schüler*innen der GRÜNEN JUGEND Sachsen, fordern daher, dass die Lehrpläne angepasst werden!



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