4. Juni 2023

Verbot der „Tag X“ Demonstration & 48h Kontrollzone in Leipzig – GRÜNE JUGEND Sachsen kritisiert unangemessenes Einschränken der Versammlungsfreiheit und unnötig eskalierendes Polizeiverhalten



Leipzig. Die für gestern – den sog. „Tag X“ – angemeldete Solidaritätsdemonstration, die den Verurteilten des „Antifa-Ost-Prozesses“ gewidmet sein sollte, sowie alle weiteren Demonstrationen zu dem genannten Thema wurden durch die Stadt Leipzig verboten. Auch eineBeschwerde im Eilverfahren beim Bundesverfassungsgericht konnte das Verbot nicht aufheben. Trotz des Verbotes besteht seit Freitagabend bis Sonntagabend in großen Teilen Leipzigs eine Kontrollzone, in der anlasslos polizeiliche Kontrollen durchgeführt werden dürfen. Diese Maßnahme wird mit einem enormen Polizeiaufgebot begleitet.

Ella Hanewald, Sprecherin der GRÜNEN JUGEND Sachsen, kritisiert:

„Die GRÜNE JUGEND Sachsen kritisiert die Entscheidung der Stadt Leipzig, die Versammlungsfreiheit für die Tag X – Solidemo einzuschränken, aufs Schärfste. Um die passenden Worte unseres Bundessprechers, Timon Dzienus, zu wiederholen: Wir betrachten das Urteil vom Mittwoch ebenfalls als ‚völlig übertrieben‘ und eine ‚Farce‘. Daher stellt das gestrige Demonstrationsverbot und die begleitende Kontrollzone weitere unverständliche, übertriebene Entscheidungen dar, die schmerzlich offensichtlich zeigen, wie Behörden, Gerichte und Polizei in Sachsen mit zweierlei Maß messen, wenn es um linke politische Aktivitäten geht.

Nazis, Querdenker und andere rechte Gruppen konnten in Ruhe bundesweit für riesige Coronademonstrationen mobilisieren und dabei die gesamte Innenstadt zu einer Gefahrenzone für z.B. queere oder Schwarze Menschen machen. Undwas tat die Leipziger Versammlungsbehörde? Nichts! Was taten die anwesenden Polizist*innen? Zu wenig, um die Bevölkerung zu schützen! Z.T. wurden sogar offene Solidaritätsbekundungen mit Demonstrierenden sichtbar, wie gehobene Daumen. Und das war nur der Fall in Leipzig. Sachsenweit wurden Coronaspaziergänge nicht der Gefahr angemessen durch die Polizei begleitet und geltendes Recht bezüglich Versammlungsverboten wurde nicht einmal ansatzweise umgesetzt. Daher ist es bedauerlicherweise keine Überraschung mehr, wenn Polizeigewalt bei linken Demonstrationen, wie am 01.06. in Leipzig, eskaliert und sogar gewählte Mandatsträger*innen wie Juliane/Jule Nagel aus fadenscheinigen Gründen bei einer Identitätsfeststellung aggressiv fixiert und angeschriehen werden. Auch der Polizeieinsatz bei der nicht verbotenen Demonstration „Die Versammlungsfreiheit gilt auch in Leipzig“ am gestrigen Samstag war wiedermal vollkommen überzogen und wirkte alles andere als deeskalativ. Vielmehr wurde eine Polizeitaktik verfolgt, die ausschließlich auf Machtdemonstration und Eskalation abzielte. Solch ein Polizeiverhalten ist einem Rechtsstaat nicht würdig.“

Charlotte Henke, Sprecherin der GRÜNEN JUGEND Sachsen, ergänzt: 

„Wieder einmal wird also klar, dass Sachsens Justiz, das Innenministerium und die Polizei einen gefährlich großen blinden Fleck auf dem rechten Auge haben. Traurigerweise schreien das progressive Verbände und Parteien schon seit Jahren, und die Probleme werden nicht mal kleiner, sondern nur noch größer.

Kontrollzonen, Soko Linx, Razzien, Demoverbote und ein durchgehend aggressiver Umgang mit linken Demonstrierenden sind dabei aber keine zusammenhangslose Einzelfälle. Der übermäßige und übertriebene Fokus des Rechststaats auf linke politische Aktivität hat System. Die Szene soll eingeschüchtert werden, Stärke soll bewiesen werden, und die bürgerliche Mitte der Gesellschaft soll beruhigt werden.

Dieses Handeln des Freistaats schmerzt umso mehr, wenn man die politischen Umstände betrachtet. In einem Bundesland, wo die AFD in Umfragen über 30% bekommt, wo deren Jugendorganisation erwiesenermaßen rechtsextremistisch ist und die CDU nichts anderes macht, als sich inhaltlich der AFD anzunähern, um Wähler*innen abzugreifen, ist es klar, dass die Demokratie von Rechts und nicht von Links bedroht wird

Die Ungleichheit der Gefahrenlage treibt uns, als linke Jugendorganisation, die Tränen in die Augen. 

Bei solch einem Versagen des Rechtsstaats seine eigenen Existenzbedingungen vor Nazis zu verteidigen, ist es leider Sache der antifaschistischen Bürger*innen dort auszuhelfen, wo z.B. eine Polizei nicht willens ist, durchzugreifen. Deswegen zum Abschluss umso mehr Solidarität mit der verbotenen Demo, denn es bleibt leider klar, dass: ‚Trotz alledem, autonomen Antifaschismus verteidigen!‘ in Sachsen notwendig bleiben wird!“

Kontakt für Rückfragen: charlotte.henke@gj-sachsen.de, ella.hanewald@gj-sachsen.de



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