23. März 2024

Streikrecht schützen – Solidarität statt Absurdität



Beschluss der 1. Landesmitgliederversammlung 2024

23.03.2024 | Leipzig

„Jedenfalls wird ein bisschen im Moment zu viel für immer weniger Arbeit
gestreikt beziehungsweise geworben. […] Und das können wir uns in der Tat im
Moment nicht leisten.“ (Robert Habeck, 14.03.2024) Ähm, (!)nein(!), Robert
Habeck.

Streiken ist ein Grundrecht (Art. 9 (3) GG). Wir, als Grüne Jugend Sachsen,
zeigen uns auf verschiedenen Ebenen solidarisch mit Streikenden. Sei es der
Streik in der Nudelfabrik in Riesa, für die Arbeiter*innen bei Lieferando in
Dresden, die „WirFahrenZusammen“- Kampagne, oder der Streik in der
Schrottrecyclingfirma in Espenheim – wir waren da, haben zugehört und mit
gestreikt.

Was ist überhaupt das Problem?

In Zeiten des sogenannten Arbeits- bzw. Fachkräftemangels, sind Arbeiter*innen
in einer starken Verhandlungsposition, wenn es um bessere Arbeitsbedingungen,
gerechtere Löhne oder verkürzte Arbeitszeiten geht. Aber was steckt hinterdiesen
Floskeln?

Im Jahr 2023 gab es 767.000 offene Stellen auf dem Arbeitsmarkt. Davon waren ca.
533.000 fehlende Fachkräfte. (1) Das sind drastische Zahlen. In bestimmten
Berufsgruppen ist dieser Fachkräftemangel besonders prekär. Am stärksten
betroffen ist bspw. die Pflege, Kinderbetreuung, ÖPNV, Bauberufe etc. (2) Das
sind auch die Berufe, bei denen die Arbeiter*innen besonders darunter leiden,
wenn sie unterbesetzt sind, da dort meist in Schichtsystemen gearbeitet und eine
volle Auslastung benötigt wird, um das Leben deiner Oma zu retten, uns auch noch
Nachts sicher von der Party nachhause zufahren, oder aber auch den ganzen Tag
die kleinen Geschwister zu betreuen. Alle Berufe mit einem schlechten Ruf, z.B.
aufgrund von unzureichenden Löhnen, körperlich anstrengender Arbeit, vieler
Überstunden, Reallohnverluste (durch die Inflation), das Schichtsystem, wenig
Dankbarkeit und und und.

Doch dadurch, dass so viele Arbeits-/Fachkräfte fehlen, müssen alle vorhandenen
Arbeiter*innen Überstunden leisten, um das benötigte Arbeitspensum abzudecken.
Genau das überlastet jedoch den Großteil der Tätigen in diesen Berufen und führt
oft zu hohen Krankheitsständen bei den Beschäftigten. Besonders weil so viele
Arbeits- und Fachkräfte fehlen, müssen Strategien für eine attraktivere
Gestaltung dieser Berufe aufgestellt werden. In seltenen Fällen haben
Unternehmen sowie Arbeitgeber*innen erkannt, wie jene Berufe wieder
ansprechender werden können. Einige Ansätze sind bspw. Arbeitszeitverkürzungen
bei gleichem Lohn (wie z.B. die Einführung der 4-Tage-Woche) und eine
Verbesserung der Schichtsysteme. Dazu kommen andere essenzielle (auf die
Berufsgruppen individuell angepasste) Verbesserungen in den Arbeitsbedingungen,
wie Barrierefreiheit(!), Toilettenpausen, usw. Aber das passiert leider nur in
sehr seltenen Fällen.

Aber weshalb wird so viel gestreikt?

Viele Unternehmen/ Arbeitgeber*innen sowie Politiker*innen haben eine andere
Meinung zu Arbeitszeitverkürzungen, sprechen sich auch gegen bessere
Arbeitsbedingungen aus. Die Beschäftigten wollen endlich spürbare Entlastungen
für eine verbesserte Lebensqualität und ein Ende des Ausbadens der Versäumnisse
von Politik als auch von Unternehmen, in denen sie länger arbeiten und sich die
Lohnsituation am Ende des Monats nicht verbessert. Das heißt, wenn Ulrike (45
Jahre alt, Straßenbahnfahrerin, alleinerziehende Mutter, aus Dresden) 3 Mal die
Woche Nachtschichten, 2 Tagesschichten und insgesamt 5 Überstunden in einer
Woche hat und trotzdem am Ende des Monats nur gerade so um die Runden kommt, hat
sie jedes Recht, gegen diese immense Belastung streiken zu gehen. Deshalb
streiken viele Arbeiter*innen, um selbst für die eigene Entlastung zu kämpfen.
Deshalb sind Streiks zu diesen Zeiten so wichtig und dementsprechend auf keinen
Fall überzogen.

Situation bei Auszubildenden

Wir fordern ebenfalls Verbesserungen im Bereich der Ausbildung. Auszubildende
haben oft von Ausbildungsbetrieb zu Berufsschule weite Zwischenwege und müssen
in verschiedenen Wohnungen leben. Bei diesen geringen Entschädigungen ist dasfür
viele nicht machbar. In den Großstädten Dresden, Leipzig oder Chemnitz ist das
oft kein Problem, da es für sehr viele Berufe ein Berufsschulzentrum gibt.Doch
im ländlichen Raum gibt es oft nur in sehr weiten Entfernungen
Berufsschulzentren für die spezifischen Berufe und dabei sind die Azubis oft
benachteiligt. Zudem machen 1/3 der Auszubildenden Überstunden, viele müssen
Dinge erledigen, die nicht zu ihrem Aufgabenbereich gehören und immer weniger
Azubis würden ihren Ausbildungsbetrieb weiterempfehlen. Des Weiteren sind
Ausbildungsbetriebe oft nicht zeitgemäß ausgestattet, was für die Arbeitswelt
ein großer Nachteil ist, da sich vieles später selbst beigebracht werden
muss.(3) Deshalb fordern wir mehr Digitalisierung in Ausbildungsbetrieben,
moderne Geräte und Technik und stärkere gesetzliche Regelungen zu
Arbeitsaufgaben der Auszubildenden, um der Ausnutzung der Azubis gegenzusteuern.

Was können wir als Grüne Jugend tun?

Uns geht es um mehr als nur gute Arbeitsbedingungen und bessere Löhne. Uns geht
es um eine allgemeine Verbesserung in der gesamten Arbeitswelt – hin zu durchweg
mehr und gerechteren Tarifverträgen. Das meint vor allem: gleiche Löhne in Ost-
und West, zwischen den Geschlechtern, bessere Überstundenentlohnung, aber auch
die Arbeitszeitverkürzungen bei gleichem Lohn.

Wir als Grüne Jugend Sachsen setzen uns für Solidarität mit Beschäftigten unter
prekären Arbeitsbedingungen ein. Wir sind laut bei Ungerechtigkeit und fordern
auch die Landesregierung auf, die Forderungen des TVStud ernst zu nehmen und
diesen auch endlich zuzustimmen.

Wir fordern die Kommunen auf, dass sich die Arbeitsbedingungen im ÖPNV, den
Krankenhäusern, Kindertagesstätten und Pflegeeinrichtungen verbessern. Außerdem
kommen entscheidende Wahlen auf uns zu, das dürfen wir nicht verharmlosen.
Besonders in Sachsen ist es unfassbar wichtig, dass wir mit unseren
Bündnispartner*innen gemeinsam eine starke Linke bilden, gemeinsam mit
Gewerkschaften und auch anderen linken Akteur*innen!
Die Grüne Jugend Sachsen
muss sich stärker in der „WirFahrenZusammen“-Kampagnebeteiligen und die
Vernetzung nicht nur in Dresden und Leipzig, sondern auch in ganz Sachsen
vorantreiben!

Unsere Forderungen einmal gebündelt:

– mehr Verständnis für Streiks und die Solidarisierung mit Streikenden

– mehr Tarifverträge (am liebsten überall)

– Tarifbindung für studentische Beschäftigte

Einführung der 4-Tage-Woche in allen Schichtarbeitsberufen (und so viele wie möglich darüber hinaus) bei gleichem Lohn

– politisch den Druck auf die Arbeitgeber*innen-Seite bei ÖPNV, Kinderbetreuung, Pflege etc. zu erhöhen

politische Absicherung zum Streikrecht

– spürbare Verbesserungen in Ausbildungsbetrieben (Modernisierung, Konzentration auf wesentliche Arbeitsvorgänge, angenehmes Arbeitsklima, usw.)

– Barrierefreiheit in Ausbildungsbetrieben, Berufsschulen und am Arbeitsplatz

– echte Gleichstellung (zwischen den Geschlechtern und von Ost- und West) und Antisexismus-Systeme

Bekämpfung von Diskriminierung am Arbeitsplatz

– bessere Überstundenentlohnung allgemein (auch gesetzlich)

Wir stehen solidarisch an der Seite der Streikenden und unterstützen, wo wir
können. Wir kämpfen stets gegen Ausbeutung und Ungerechtigkeit.

Quellen:

(1) https://www.deutschlandfunk.de/arbeitsmarkt-fachkraeftemangel-zuwanderung-
arbeitslosigkeit-deutschland-100.html
(Deutschlandfunk)

(2) https://www.spiegel.de/wirtschaft/fachkraeftemangel-diese-branchen-leiden-
besonders-pflege-berufskraftfahrer-bauberufe-a-facb75be-cb0c-47fd-9d2a-
14ff745edac2
(Spiegel)

(3) https://jugend.dgb.de/ausbildung/ausbildungsreport/++co++b47f4990-312b-11ee-
b382-001a4a16011a
(DGB Jugend)

Begründung

Liebe Freund*innen,

mich hat dieses Zitat von Robert Habeck wütend gemacht. Ich bin aktiv bei „WirFahrenZusammen“ (eine Kampagne von FridaysForFuture und den Beschäftigten im ÖPNV von der Gewerkschaft Ver.Di, welche sich für einen klimagerechten und fairen ÖPNV für die Zukunft einsetzt).

Mit diesem Antrag zeigen wir, dass wir an der Seite der Streikenden, für Solidarität und wirkliche Gerechtigkeit stehen.

Unterstütz den Antrag Gerne und stimmt für ihn.



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